Ärzteschaft
Mittwoch, 29. April 2020
Berlin – Ärzte haben erneut gemahnt, Vorsorgeuntersuchungen und Impftermine für Kinder und Erwachsene auch während der Pandemie wahrzunehmen. Auch sollten Anzeichen für Notfälle ernst genommen werden.
Eine zu spät erkannte Krankheit oder eine fehlende Impfung könnten gesundheitliche Schäden mit sich bringen, sagte zum Beispiel der Sprecher der Berliner Ärztekammer, Niels Löchel. Auch sei die regelmäßige Vorsorge eine wichtige Kontaktstelle zwischen den Ärzten und den Familien. „Denn die Krise kann einen wahnsinnigen sozialen Stress bedeuten. Wenn sich bei einem Gespräch dann herausstellt, etwas liegt im Argen, muss der Arzt nachhaken“, erläuterte Löchel.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband hatten am 24. März beschlossen, den zeitlichen Rahmen für die Vorsorgeuntersuchungen von Babys und Kleinkindern auszuweiten. Die Ärztekammer begrüßt die geplante Regelung. Dennoch zeige sich schon jetzt, dass beispielsweise weniger Kinder mit Verbrühungen eingeliefert würden als sonst, sagte Löchel. Für ihn ein Anzeichen dafür, dass Familien seltener zum Arzt gingen.
Mediziner könnten sich durch einen geänderten Praxisbetrieb – etwa durch Trennung von akut kranken und gesunden Patienten – auf die neue Situation einstellen, teilte die Landesärztekammer Baden-Württemberg mit.
Ärzte beobachteten aber bereits, dass Eltern aus Angst vor Ansteckung weniger in die Praxen kämen. Es sei zu befürchten, dass auf diese Weise notwendige Behandlungen verzögert und Krankheiten zu spät entdeckt würden, warnte der Vorsitzende des Ausschusses „Kinder und Jugendliche“ der Landesärztekammer, Andreas Oberle.
Der Präsident der Landesärztekammer Hessen, Edgar Pinkowski, mahnte bereits erprobte und zur Verfügung stehende Schutzimpfungen – etwa gegen die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) – auch in Zeiten von Corona nicht zu vernachlässigen.
Aus der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) hieß es, die Menschen sollten bei akuten Problemen und wichtigen Vorsorge- und Impfterminen niemals den Weg zum Arzt scheuen. Patienten mit ernsthaften Gesundheitsbeschwerden oder wichtigen Vorsorge- und Impfterminen sollten nicht zögern, eine Arztpraxis aufzusuchen. „Wer zu lange wartet, riskiert irreversible Schäden“, warnte ÄKN-Vizepräsidentin Marion Charlotte Renneberg.
Der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums rät ebenfalls dringend davon ab, Arzttermine aus Furcht vor dem Coronavirus auf die lange Bank zu schieben. Symptome und Schmerzen sollten ernst genommen und vom Arzt abgeklärt werden.
Die Gefahr, sich beim Arztbesuch mit dem Coronavirus anzustecken – sei es an der Rezeption, im Wartezimmer oder auch bei der Behandlung – sei inzwischen deutlich gesunken. Die Arztpraxen hielten sich an die offiziellen Hygiene-, Schutz- und Abstandsregeln und viele hätten zudem ihre Praxisabläufe umorganisiert, so dass Begegnungen zwischen Patienten vermieden werden könnten. © dpa/afp/kna/may/aerzteblatt.de