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Redakteurin Innenpolitik
Auch Ärzte machen Fehler. Das ist für die betroffenen Patienten schlimm genug – und das Leid oft unermesslich groß. Wenn Betroffene dann aber Schadenersatz einklagen wollen, wird es schnell aussichtslos. Das muss der Gesetzgeber dringend ändern.

Es kann passieren, dass Ärzte Fehler machen. Sie sind schließlich keine Maschinen. Ein falsches Medikament, eine Fehldiagnose, eine nicht fachgerechte Operation. Einige dieser Behandlungsfehler bleiben folgenlos, andere können schwere Schäden verursachen, etwa im Falle einer Patientin, bei der nach einer Operation ein 45 x 45 cm großes Bauchtuch im Körper vergessen wurde.

Was kann ein Patient tun, wenn er vermutet, dass der Arzt dem eigenen Körper geschadet hat? Nun ja. Bei der aktuellen Gesetzeslage wäre es wohl am besten, erst einmal Jura zu studieren und Medizin gleich mit. Denn den Anspruch auf Schadenersatz bekommt vor Gericht nur derjenige Patient, der mithilfe eines Gutachtens folgende drei Dinge beweisen kann.

Erstens: Es gab einen Behandlungsfehler. Zweitens: Es gab einen gesundheitlichen Schaden. Drittens: Der Behandlungsfehler ist ursächlich für den Schaden. Der Knackpunkt ist hierbei Letzteres: Der Nachweis der Kausalität. Es ist sehr schwierig, in einem Gutachten mit voller Wahrscheinlichkeit zu belegen, dass andere Faktoren – wie etwa eine Vorerkrankung – bei den Schäden keine Rolle spielten. An diesem Punkt wird ein Verfahren für den klagenden Patienten schnell aussichtslos.

Diese Beweislast der Patienten ist nicht fair und sollte dringend abgesenkt werden. Eine Beweisumkehr auf den Arzt wäre zu viel; deutlich helfen würde es aber, wenn vor Gericht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des Schadens durch die Fehlbehandlung ausreichen würde. Es geht hierbei nicht darum, sich an Ärzten zu rächen. Für diese ist ihr eigener Irrtum sowieso schon oft eine große psychische Belastung. Es geht schlichtweg darum, Patienten, denen Leid widerfahren ist, angemessen zu entschädigen.

Was viele zudem nicht wissen, ist, dass es keinen Überblick darüber gibt, ob überhaupt jeder Arzt eine Haftpflichtversicherung hat. So ist diese zwar in der Berufsordnung der Bundesärztekammer vorgeschrieben, doch geprüft oder gegebenenfalls sanktioniert wird diese nicht.

Außerdem ist nach bisheriger Rechtslage der Arzt nur dann verpflichtet, den Betroffenen über einen Behandlungsfehler zu informieren, wenn dadurch gesundheitliche Schäden abgewendet werden können. Ansonsten liegt es in der Hand des Patienten, aktiv zu fragen, ob etwas schiefgelaufen sein könnte. Aber wer kommt schon von alleine auf die Idee?

Die Notwendigkeit, Patientenrechte zu stärken, steht im Koalitionsvertrag. Passiert ist bisher nichts. Jedoch hat die AOK, unterstützt von der SPD und ihrer gesundheitspolitischen Sprecherin Sabine Dittmar, das Thema vergangene Woche wieder auf die Agenda gesetzt und unter anderem eine Überarbeitung des Patientenrechtegesetzes gefordert. Nun liegt es an der Bundesregierung, sich der Sache gründlich anzunehmen.