Ärzteschaft
Mittwoch, 6. Mai 2020
Berlin – Wenn die inzwischen mehrfach geäußerten Wünsche von Politikern nach flächendeckender Testung auf SARS-CoV-2 unter Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen umgesetzt werden sollten, könnten das die hiesigen Labore bewältigen. Selbst für den Fall, dass kurzfristig hunderttausende von Tests anfallen würden, wäre die Kapazität vorhanden.
Das geht aus einer Antwort des Interessenverbandes der mehr als 200 Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) in Berlin an das Deutsche Ärzteblatt hervor. Vor kurzem hatte erstmals der Gesundheitsminister von Mecklenburg-Vorpommern, Harry Glawe von der CDU, mit einer entsprechenden Forderung von sich reden gemacht. Auch die Landesärztekammer Hessen machte sich für flächendeckende Coronatests stark.
„Die Testkapazitäten in den fachärztlichen Laboren im ambulanten und stationären Bereich sind aktuell sehr hoch mit deutlich über 850.000 Testen in der Woche. Bei einer guten Planung sowie einem strukturierten Vorgehen sollte die Testung in Alten- und Pflegeheimen möglich sein“, erläuterte Michael Müller, Facharzt für Labormedizin und 1. Vorsitzender der ALM.
Aus Sicht der akkreditierten Labore sei es wichtig, dass mit der Testung auch für jede Einrichtung ein Hygienekonzept eingeführt würde, das idealerweise von behandelnden Ärzten, Fachärzten für Hygiene aus den Facharztlaboren beziehungsweise den Gesundheitsämtern, den Betriebsärzten sowie der Pflegedienstleitung auf der Grundlage eines Standardkonzeptes erarbeitet und umgesetzt wird.
Dies sollte möglichst individuell auf die jeweilige Einrichtung zugeschnitten sein, ergänzt Jan Kramer vom Vorstand der ALM. „Unterschiede ergeben sich aus Größe und Art der Einrichtung und aus organisatorischen Abläufen“, führt der Facharzt für Innere Medizin und Labormedizin aus.
Beispielsweise sei neben der Anzahl, des Alters und den Grunderkrankungen der Heimbewohner die Raumgröße des Pflegebereichs, der Sozial- und Gemeinschaftsräume sowie der getrennte Zugang zu Bereichen eines Pflegeheims mit entsprechender Teambildung unter den Pflegenden ein wichtiger Aspekt für die einrichtungsbezogene Planung.
Die Testqualität sei unabhängig vom Alter der zu testenden Personen und die Untersuchung eines Abstriches mit der PCR-Untersuchung in allen Gruppen gleich. Allerdings sollte bei der Testung von alten Menschen beachtet werden, dass diese eine COVID-19-Erkrankung mit nur geringen oder ohne besonders auffällige Symptome haben können.
„Insofern ist es in der Situation in Alten- und Pflegeheimen auch gerechtfertigt, Pflegeheimbewohner unabhängig von Symptomen auf SARS-CoV-2 zu testen“, so Kramer. Einige Bundesländer − darunter das Saarland, Baden-Württemberg, Bayern und Berlin – hätten sich hier schon auf den Weg gemacht, gemeinsam mit den regionalen Laboren eine Teststrategie zu erarbeiten.
Die deutschen Labore haben sich frühzeitig für die Testung in Alten- und Pflegeheimen aufgestellt, und hierzu Ende April ein Konzeptpapier vorgelegt, wie der erste Vorsitzende Müller auf der jüngsten Pressekonferenz erläuterte.
Dieses bietet für die interessierten Einrichtungen eine einseitige Checkliste und ergänzt beziehungsweise konkretisiert das einschlägige Dokument des Robert-Koch-Institutes (RKI) zur Prävention und Management von COVID‐19 in Alten‐ und Pflegeinrichtungen und Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigungen.
Die Experten der ALM beobachten bereits seit einigen Wochen eine zunehmende Testung in diesem Bereich. Nach ihrer Kenntnis werden hier einige hunderttausend Tests notwendig werden. Es gibt eine zunehmende Anzahl von Alten- und Pflegeeinrichtungen, die schon mit der Etablierung eines Hygienekonzeptes und auch der Testung von zu Pflegenden, Bewohnern und Mitarbeitern begonnen haben. © mls/aerzteblatt.de