Ärzteschaft
Donnerstag, 22. August 2019
Berlin – Patienten mit einer chronischen Depression können sich nicht bei ihrem Psychotherapeuten in das neue Disease-Management-Programm (DMP) Depression einschreiben lassen, das der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am 15. August beschlossen hat. Das hat heute die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) bemängelt.
Die Langzeitbetreuung und Koordination der Behandlung soll in dem neuen strukturierten Behandlungsprogramm grundsätzlich durch den Hausarzterfolgen. In Ausnahmefällen können dies auch Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie übernehmen.
„Damit werden für Patienten, die bereits beim Psychotherapeuten in Behandlung sind, völlig unnötige Hürden für die Teilnahme am DMP aufgebaut“, kritisiert BPtK-Präsident Dietrich Munz. „Patienten sollten die Wahl haben, dass der Arzt oder Psychotherapeut die Koordination ihrer Versorgung übernehmen kann, der am besten mit ihrer Erkrankung vertraut und für sie der wichtigste Ansprechpartner ist.“ Der zentralen Rolle der Psychotherapie in der Versorgung depressiver Erkrankungen müsse hier stärker Rechnung getragen werden, fordert die BPtK.
Patienten mit chronischen oder wiederholt auftretenden depressiven Episoden mit mittlerer bis schwerer Ausprägung können sich künftig im Rahmen eines DMP behandeln lassen. Der G-BA hat mit diesem Beschluss einen gesetzlichen Auftrag aus dem Jahr 2015 umgesetzt.
Leitlinienorientierte Behandlung mit Psychotherapie und Medikamenten
Zentrale Bausteine des DMP-Depression sind nach Angaben der BPtK eine leitlinienorientierte Behandlung mit Psychotherapie und medikamentöser Therapie. Die konkreten Therapieempfehlungen richteten sich insbesondere nach Verlauf und Schweregrad der Depression unter Berücksichtigung komorbider körperlicher und psychischer Erkrankungen.
Auch das Vorgehen bei Suizidalität und Maßnahmen des Krisenmanagements werde im DMP adressiert. Jedem Patienten solle zudem – sofern sie aus ärztlicher oder psychotherapeutischer Sicht davon profitieren können – ein evaluiertes digitales Selbstmanagementprogramm unter qualifizierter Begleitung angeboten werden. Alternativ könnten auch evaluierte Präsenzschulungen angeboten werden.
Psychiater und Psychotherapeuten werden eingebunden
Als „sinnvoll“ beurteilt die Bundespsychotherapeutenkammer hingegen, dass das DMP eine systematische Einbindung der Psychotherapeuten und Fachärzte im Behandlungsverlauf vorsieht. Eine Grundlage dafür bilden laut G-BA-Beschluss die regelmäßigen Verlaufskontrollen, bei denen der koordinierende Arzt insbesondere die Symptomausprägung und -veränderung, das psychosoziale Funktionsniveau und Behandlungseffekte beurteilt.
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Wenn nach sechs Wochen hausärztlicher Behandlung noch keine ausreichende Besserung erzielt wurde, muss er demnach die Überweisung zum beispielsweise Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder Psychotherapeuten zu prüfen. „Eine stärkere Kooperation zwischen Hausärzten und Psychotherapeuten kann so zu einer leitlinienorientierten Behandlung beitragen“, erklärt BPtK-Präsident Munz.
Bevor sich Patienten in das neue DMP-Depression einschreiben lassen können, muss das Bundesgesundheitsministerium dem Beschluss des G-BA noch zustimmen. © PB/EB/aerzteblatt.de