Ärzteschaft

Montag, 6. April 2020

/dpa

Berlin – Die Möglichkeiten zur ärztlichen und psychotherapeutischen Konsultation per Telefon während der Corona-Pandemie werden für alle Fachgruppen ausgeweitet. Psy­cho­therapeuten und Ärzte können ihre Patienten jetzt häufiger und länger auch telefo­nisch betreuen. Darauf weist die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hin.

Die KBV hat mit dem GKV-Spitzenverband am vergangenen Freitag eine entsprechende Vereinbarung abgeschlossen. Hintergrund ist der steigende Bedarf an telefonischen Kon­sultationen von erkrankten Patienten während der Corona-Pandemie.

Nach der Vereinbarung können Ärzte und Psychotherapeuten in diesem Quartal Telefon­konsultationen von bis zu drei Stunden und 20 Minuten pro Patient abrechnen – zusätz­lich zu der Gebührenordnungs­position (GOP) 01435 (88 Punkte / 9,67 Euro) für die telefo­nische Beratung.

Zur Abrechnung werden die GOP 01433 (154 Punkte / 16,92 Euro) und die GOP 01434 (65 Punkte / 7,14 Euro) neu in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) aufge­nom­men, teilt die KBV mit. Sie werden jeweils als Zuschlag für die telefonische Beratung durch den Arzt in Zusammenhang mit einer Erkrankung gezahlt.

Möglich ist die telefonische Konsultation aber nur bei Patienten, die der Arzt oder Psy­cho­therapeut bereits kennt. Als „bekannt“ gilt ein Patient, wenn er in den letzten sechs Quartalen, die dem Quartal der Konsultation vorausgehen, mindestens einmal in der Pra­xis war.

200-Gesprächsminuten für Psychotherapeuten und Psychiater

Zu den Fachgruppen mit dem höchsten Telefonkontingent gehören ärztliche und psycho­logische Psychotherapeuten, Nervenärzte, Neurologen, Psychiater, Kinder- und Jugendli­chenpsychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendpsychiater. Sie können pro Patient bis zu 20 Telefongespräche von mindestens 10 Minuten abrechnen – insgesamt also 200 Mi­nuten.

Die Abrechnung erfolgt über die GOP 01433, sodass für Konsulta­tionen per Telefon ein Honorar von bis zu rund 340 Euro gezahlt wird. Dazu kommen knapp 10 Euro für die GOP 01435, sofern keine Grundpauschale im Behandlungsfall abgerechnet wird.

Mehr Telefongespräche auch in der Hausarztpraxis

Deutlich mehr Vergütung für Gespräche mit ihren Patienten per Telefon erhalten ab so­fort auch Hausärzte, Kinder- und Jugendärzte sowie Schmerztherapeuten. Sie haben die Möglichkeit, zusätzlich zur telefonischen Beratung der GOP 01435 bis zu sechsmal fünf­mi­nütige Telefongespräche abzurechnen, insgesamt also 30 Minuten. Die Abrech­nung er­folgt über die GOP 01434; wie die 01433 kann auch sie mehrmals am Tag berechnet wer­den.

Gynäkologen, HNO-Ärzte, Dermatologen, alle fachärztlich tätigen Internisten, Orthopä­den, Fachärzte für Sprach-, Stimm- und kindliche Hörstörungen sowie Urologen können die GOP 01434 fünfmal pro Patient abrechnen, alle anderen Fachärzte zweimal.

Voraussetzung bei diesen Fachgruppen ist, dass der Patient in dem Quartal nicht in die Praxis kommt oder per Videosprechstunde behandelt wird. Denn die telefonische Bera­tung des Patienten durch einen Arzt ist Bestandteil der Grundpauschale.

Eine Ausnahme gibt es für Ärzte und Psychotherapeuten, die die GOP 01433 abrechnen dürfen, und für Haus- und Kinderärzte sowie Schmerztherapeuten. Sie erhalten die neuen Gesprächsleistungen auch dann bezahlt, wenn die Versicherten- oder Grundpauschale abgerechnet wird, weil der Patient doch noch in die Praxis kommt.

Lob und Kritik

Psychotherapeuten stellten sich heute grundsätzlich hinter die neue Regelung. Dies sei eine dringend notwendige Lösung für Patienten, die „nicht mehr in die Praxen kommen können oder nicht über die Technik für Onlinevideogespräche verfügen“, erklärte der Präsident der Bundes­psycho­therapeuten­kammer, Dietrich Munz.

Er bemängelte aber, dass eine Therapie auch weiterhin nicht telefonisch begonnen wer­den kann – dafür sei mindestens der Kontakt per Video nötig. Gerade ältere Patienten ver­fügten häufig aber nicht über die dafür notwendigen technischen Voraussetzungen, bemängelte er.

Munz betonte, es sei damit nicht ausgeschlossen, dass Neuerkrankte während der Coro­na­krise von psychotherapeutischer Beratung und Behandlung abgeschnitten würde. Dies sei nicht zu verantworten. © PB/afp/aerzteblatt.de