Politik

Freitag, 22. Mai 2020

Berlin − Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, fordert als Konsequenz aus der Coronakrise, dass Besuchsmöglichkeiten mit Infektionsschutz Standard in Pflegeheimen werden.

Als Beispiel nannte er gestern in der Rheinischen Post abgetrennte Besuchszonen, „in denen sich Pflegeheimbewohner und Angehörige in einem wohnlichen Umfeld durch eine Scheibe getrennt sehen können“. So sollen Besuche auch in Zeiten von Infektions­wellen und Pandemien möglich sein.

„Der Schutz der Pflegebedürftigen vor Infektionen darf nicht dazu führen, dass die Men­schen vereinsamen“, warnte der Pflegebeauftragte. Auch für Patienten, die etwa aufgrund ihrer Demenz solche Räume nicht nutzen könnten, sollten Besuche ermöglicht werden.

Und Patienten, die im Sterben liegen, zumindest einen Menschen zum Abschied bei sich haben können. „Wenn wir das nicht sicherstellen, werden viele Menschen Angst vor ei­nem Umzug in ein Pflegeheim haben.“

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hält den Vorschlag für zu kurz gegriffen. Rund 70 Prozent der Pflegeheimbewohner litten an Demenz, viele Pflegebedürftige seien bettlä­ge­rig oder stark gehbehindert, sagte Vorstand Eugen Brysch der. „Damit wird überdeut­lich, dass Besuche hinter Glasscheiben kein Ersatz für einen sicheren Infektionsgrund­schutz von Bewohnern, Besuchern und Altenpflegekräften sein kann.“

Nötig seien ein striktes Kontaktmonitoring, eine konsequente Trennung von Infizierten und Nichtinfizierten sowie wöchentliche Tests für Mitarbeiter und Pflegebedürftige. „Das alles wird Geld kosten. Doch in der Altenpflege zu sparen, heißt, die Menschenwürde von allein über 800.000 Heimbewohnern zu verletzen“, warnte Brysch.

Übrigens sei der Besuch von sterbenden Heimbewohnern in keiner Verordnung eines Bundeslandes je verboten gewesen. „Wahr ist aber, dass das gegenüber Angehörigen in den Einrichtungen immer wieder behauptet wurde.“

Der Sozialverband VdK stellte sich hinter die Forderung des Pflegebeauftragten. „Wir dür­fen die Schwächsten der Gesellschaft nicht länger sozial isolieren und damit unab­seh­­bare Folgeschäden verursachen“, erklärte Präsidentin Verena Bentele.

Pflegeheime und Behinderteneinrichtungen müssten deshalb individuelle Schutzkon­zep­te entwickeln. Als Beispiel nannte sie die Einrichtung von Besuchs- und Kontaktorten, not­falls auch außerhalb des Heims auf dem Außengelände oder in öffentlichen Berei­chen.

Die Besuchsbeschränkungen für Pflegeheime waren Anfang Mai gelockert worden, nach­dem Bewohner wochenlang keinen Besuch empfangen durften. Jedem Patienten oder Be­wohner soll nun wiederkehrender Besuch durch eine definierte Person ermöglicht wer­den, solange es keine Coronafälle in der jeweiligen Einrichtung gibt.

Die meist älteren und chronisch kranken Bewohner in Pflegeheimen gehören zur Risiko­gruppe für schwere Verläufe der COVID-19-Erkrankung. Bei Ausbrüchen der Krankheit in Senioren- und Pflegeheimen hatte es viele Tote gegeben. © dpa/aerzteblatt.de