Politik
Freitag, 12. Juni 2020
Berlin – Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Suizidbeihilfe bereitet Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine gesetzliche Neuregelung vor. Er wolle die Möglichkeit eines „legislativen Schutzkonzeptes“ nutzen, schrieb der CDU-Politiker Mitte April in einem Brief an Ärztevertreter, Verbände und Kirchen, wie der Spiegel berichtet.
Spahn bitte die Experten darin, Vorschläge für eine Neuregelung zu schicken. Zuvor hatten die FDP und die Giordano-Bruno-Stiftung darüber berichtet und dem Minister eine tendenziöse Auswahl von Experten vorgeworfen.
Ende Februar hatte das Bundesverfassungsgericht das 2015 vom Bundestag beschlossene Verbot der geschäftsmäßigen, organisierten Suizidbeihilfe für nichtig erklärt. Karlsruhe betonte, dass es ein umfassendes Recht auf selbstbestimmtes Sterben gebe. Eine behutsame Regulierung der Suizidbeihilfe sei jedoch möglich.
Darauf beruft sich Spahn nun. Zum Schutz der Selbstbestimmung „gehören nach meinem Verständnis auch Lebensschutz beziehungsweise Fürsorge“, schreibt der Minister laut Spiegel. Menschen mit eingeschränkter Selbstbestimmung müssten „vor sich selbst (und einem irreversiblen Schritt wie dem Suizid)“ geschützt werden.
Im Parlament sorgt Spahns Vorstoß für Unmut. „Das sensible Thema Sterbehilfe sollte nicht von Minister Spahn aufgerufen werden, sondern von den Abgeordneten des Bundestags“, sagt Gesundheitsexperte Karl Lauterbach (SPD). Es sei Aufgabe des Parlaments, in ethisch zentralen Fragen nach Lösungen zu suchen.
Die FDP-Bundestagsabgeordnete Katrin Helling-Plahr hatte vor wenigen Tagen erklärt, Spahn nutze die Coronakrise, um eine Neuregelung vorzubereiten. Er habe dabei 30 „völlig intransparent ausgewählte“ Institutionen um Stellungnahmen gebeten.
Angeschrieben wurden nach FDP-Angaben unter anderem das Kommissariat der katholischen Bischöfe, die Deutsche Stiftung für Patientenschutz und die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin. Sie hätten sich zuletzt eindeutig gegen eine Liberalisierung der Sterbehilfe ausgesprochen.
Helling-Plahr warf Spahn darüber hinaus vor, weiterhin ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Suizidbeihilfe zu missachten. 2017 hatte das Gericht entschieden, dass der Staat in „extremen Ausnahmefällen“ Sterbenskranken ein tödliches Betäubungsmittel verschaffen müsse. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat bisher – auf Anordnung des BMG – alle Anträge abgelehnt. © kna/aerzteblatt.de