Politik

Mittwoch, 27. Mai 2020

Berlin − Deutlich mehr Personengruppen sollen künftig regelmäßig auf SARS-CoV-2 ge­testet werden. Dazu sollen neben Mitarbeitern in Gesundheits- und Pflegeein­richtungen auch Schüler, Lehrer, Kitakinder sowie Erzieherinnen gehören.

Mit dieser geplanten Ausweitung der PCR-Tests soll auf „alle Personen in Krankenhäu­sern, Pflegeheimen, gastronomischen Einrichtungen sowie Gemeinschaftseinrichtungen (z.B. Kitas und Schulen)“ ausgeweitet werden, heißt es in einem Verordnungsentwurf des Bundes­gesundheitsministeriums (BMG).

Ebenso sollen Kontaktpersonen, die durch „ein smartphone-basiertes, auf Freiwilligkeit beruhendes elektronisches Warnsystems des Robert-Koch-Instituts über den Kontakt mit einer infizierten Person informiert wurden“ einen Anspruch auf einen Test bekommen. Damit wird auf die geplante sogenannte Tracing-App hingewiesen, die Kontaktnachverfolgungen verein­fa­chen und nach Regierungsangaben Mitte Juni einsatzbereit sein soll.

„Auch Menschen ohne Symptome können das SARS-CoV-2-Virus übertragen. Deswegen ist es sinnvoll, möglichst das gesamte, enge Umfeld zu testen, wenn Infektionen festge­stellt werden“, erklärte Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) zur Veröffent­li­chung der Rechtsverordnung. Diese war nach der Verabschiedung des zweiten Pandemie­gesetzes vor zwei Wochen erwartet worden. Sie tritt nach Abstimmung innerhalb der Bundesregierung rückwirkend zum 14. Mai in Kraft.

Finanzierung aus dem Gesundheitsfonds

In der Verordnung wird neben den zusätzlichen Personengruppen auch die Finanzierung der PCR-Tests festgelegt. So sollen die Kosten in Höhe von derzeit 52,50 Euro pro Test aus der Liquiditäts­re­serve des Gesundheitsfonds finanziert werden. Die Kosten sollen den Kassenärzt­lichen Vereinigungen erstattet werden. Das bedeutet, dass für die zusätzlichen Tests vorgesehen ist, das übliche vertragsärztliche System zu nutzen. Das BMG geht da­von aus, dass somit mit „einer Million zusätzlicher ungebündelter Test“ Mehrausgaben von 52,2 Millionen Euro entstehen.

Da der Bewertungsausschuss aus Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband zur Finanzierung der Tests aktuell noch berät, könnten diese Kosten sin­ken. Darauf weist auch das BMG in der Rechtsverordnung hin. Nach Angaben eines KBV-Sprechers wurden die Verhandlungen gestern allerdings ohne Ergebnis auf Juni vertagt.

Zusätzlich geht das BMG davon aus, dass mit zusätzlichen Tests auch „eine Verbesserung der Verhütung in Bezug zu COVID-19-Anstekungen einher geht“. Daher würden Kosten von weiteren Krankenbehandlungen zusätzlich vermieden. Die Krankenkassen hatten in den vergangenen Wochen immer wieder auf die immensen Kosten der Ausweitung der Tests hingewiesen und Steuergelder dafür gefordert.

PKV bleibt weiter außen vor

Die Finanzierungsregelung gilt nur für Tests, die von den Gesundheitsämtern und dem öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) angeordnet wurden. Die Abrechnung erfolgt über die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen). Dabei wird nicht zwischen GKV-Versicherten und Nicht-GKV-Versicherten unterschieden. Dies stand bereits im zweiten Pandemiege­setz und hatte zu Verwunderung bei der gesetzlichen (GKV) wie auch der privaten (PKV) Kran­ken­versicherung geführt.

Eine Kostenübernahme durch den Gesundheitsfonds erfolgt nicht bei den Tests für Perso­nen, die im Rahmen einer ambulanten oder stationären Versorgung durchgeführt werden. Die geplanten Tests bei der Aufnahme von Patienten in Krankenhäusern soll ein Teil der Erstattung für die Krankenhausbehandlung werden, heißt es in der Begründung zur Ver­ordnung.

„Die für Testungen bei der Aufnahme entstehenden Kosten werden den Krankenhäusern durch die Kostenträger über ein Zusatzendgelt erstattet“, heißt es da. Das schließe auch wiederholte Testungen ein „sofern diese erforderlich sind, um eine Infektion festzu­stell­en.“

Die Personengruppen, die künftig auch ohne konkreten Infektionsverdacht getestet wer­den sollen, werden in der Verordnung nun definiert. Dazu zählen auch die asympto­ma­ti­schen Kontaktpersonen, die einen engen Kontakt zu einem nachweislich Infizierten hatten.

Dazu zählt beispielsweise ein 15-minütiger Gesprächskontakt, Personen im selben Haus­halt oder Personen, die Menschen in ihrem Haus gepflegt oder betreut haben. Testungen sollen auch finanziert werden bei Personen im Umfeld eines akuten Ausbruches, bei­spiels­weise in Schulen, Kitas, Gastronomie oder Lebensmittelbetrieben.

Die Zahl und Abrechnungsdaten der Tests sollen monatlich von den Kassenärztlichen Vereinigungen an das BMG übermittelt werden, heißt es in einem Extra-Paragrafen zum Thema Transparenz.

Wie die Datenerhebung sowie die Datenweitergabe von abgerech­neten Tests zwischen den Kassenärztlichen Verneigungen und dem Bundesamt für Soziale Sicherung, das den Gesundheitsfonds verwaltet, ablaufen soll, dazu wird das Bundesamt „das nähere zum Verfahren“ noch bestimmen. Bislang ist eine Kommunika­tion zwischen KVen und dem Bundesamt für Soziale Sicherung (früher BVA) unüblich.

Die Verordnung bezieht sich derzeit auf die üblichen PCR-Tests. Denn: „Von der Regelung von Testung auf das Vorhandenseins von Antikörpern gegen das Coronavirus wurde zu­nächst Abstand genommen, weil nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft noch ungeklärt ist, inwieweit ein Antikörpernachweis mit dem Vorliegen einer Immunität korreliert.“ © bee/aerzteblatt.de