Ausland

Dienstag, 2. Juli 2019

/dpa

Reims – Die lebenserhaltenden Maßnahmen für den französischen Wachkomapa­tien­ten Vincent Lambert werden gestoppt. Das Verfahren zur Einstellung der Behandlung beginne heute, teilte der behandelnde Arzt Vincent Sanchez von der Uniklinik Reims der Familie Lamberts mit. Das oberste Gericht Frankreichs hatte zuvor den Weg für ein Ende der Behandlung freigemacht.

Die Mediziner der Uniklinik Reims hatten die künstliche Ernährung für den früheren Krankenpfleger Lambert bereits vor gut einem Monat beendet, das Pariser Berufungs­gericht hatte aber am selben Tag überraschend deren Wiederaufnahme angeordnet. Der Kassationshof als oberste französische Justizinstanz befand schließlich am vergangenen Freitag, dass das Gericht nicht zuständig war. Rechtsmittel ließen die Richter nicht mehr zu.

Der 42-jährige Lambert befindet sich seit einem schweren Autounfall vor elf Jahren in einem vegetativen Zustand. Nach Einschätzung seiner Ärzte wäre eine weitere Be­handlung „unverhältnismäßig“ und diente nur dazu, sein Leben künstlich zu verlän­gern.

Der Fall beschäftigte seit Jahren die Gerichte und spaltet auch die Familie: Während Lamberts Frau und sechs Geschwister für ein Ende der Maßnahmen eintreten, wollen seine streng katholischen Eltern ihren Sohn um jeden Preis am Leben erhalten. In einer E-Mail an alle Familienmitglieder, bat Lamberts Arzt Vincent Sanchez nun darum, dafür zu sorgen, dass die Sterbebegleitung des Patienten, so „friedlich, intim und persönlich wie möglich“ verlaufen könne.

„Ich hoffe, das ist jetzt der Epilog“, sagte Lamberts Schwester Marie-Geneviève. Sie sei beruhigt darüber, dass der Arzt angesichts der Androhung neuer Prozesse nicht nachgegeben habe, sagte sie weiter. Dennoch habe sie Sorge, ob ihr Bruder nun endlich in Ruhe werde sterben können. Lamberts Eltern hatten den Ärzten noch am vergangenen Freitag mit einer Klage wegen „vorsätzlicher Tötung“ gedroht, sollten sie die künstliche Ernährung beenden.

Gestern bat Lamberts Mutter Viviane noch den UN-Menschenrechtsrat in Genf um „Nothilfe“. Ohne ein Einschreiten des Rats werde ihre Sohn „ermordet“, sagte sie. Zuvor waren sie und ihr Mann bereits in allen Instanzen gescheitert. Unter anderem hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ihren Einspruch gegen das Vorhaben der Ärzte abgelehnt, ebenso wie der französische Staatsrat als oberstes Verwaltungsgericht.

Der Fall des berühmten Wachkomapatienten hat die Debatte um die passive Sterbe­hilfe wieder angeheizt, die in Frankreich bei schwerstkranken oder -verletzten Patien­ten zugelassen ist, wenn sie ohne Aussicht auf Besserung ihres Zustands künstlich am Leben gehalten werden. Lamberts Frau Rachel hatte wiederholt darauf hingewie­sen, dass sich ihr Mann stets gegen eine künstliche Verlängerung seines Lebens aus­gesprochen habe. Allerdings hatte er keine entsprechende schriftliche Verfügung hin­terlassen. © afp/aerzteblatt.de