Politik

Mittwoch, 24. Juni 2020

Berlin – Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Sterbehilfe haben Patientenschützer eine Neuregelung vorgeschlagen, die organisierte Angebote nach den Kriterien des Richterspruchs zulässt.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte, ohne Zweifel sei es wichtig, auch die Unterstützung über die Pflege, Palliativmedizin, Hospizarbeit und Psychotherapie auszubauen. „Aber selbst das wird nicht alle Suizidwilligen überzeugen, und auch für sie gilt das Selbstbestimmungsrecht.“

Das Verfassungsgericht hatte Ende Februar das seit 2015 bestehende Verbot der ge­schäfts­mäßigen Sterbehilfe gekippt – es verletze das Recht des Einzelnen auf selbst­bes­­timmtes Sterben. „Geschäftsmäßig“ hat dabei nichts mit Geld zu tun, sondern bedeu­tet „auf Wiederholung angelegt“. Das Urteil stößt eine Tür für organisierte Angebote auf.

Die Richter stellten aber die Möglichkeit zu Regulierungen heraus – denkbar sind etwa Beratungspflichten und Wartefristen. Die Stiftung Patientenschutz schlägt einen neuen Paragrafen im Strafgesetzbuch vor, der profitorientierte Suizidhilfe verbietet.

Dafür solle eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorgesehen werden, erläuterte Brysch. Zulässig sein sollen demnach aber organisierte Angebote nach den Maßstäben des Urteils. „Die Entscheidung ist in freier Selbstbestimmung dauerhaft zu treffen.“

So müssten sich Suizidhelfer mit eigener Sachkunde vergewissern und schriftlich nieder­legen, dass ein Suizidwilliger vor einem Entschluss zureichend über realistische Hand­lungs­möglichkeiten aufgeklärt wurde.

Sie hätten dafür zu sorgen, dass ein Sterbewilliger seinen Entschluss nach deutlicher Ab­wägung des Für und Wider unter Anspannung seiner geistigen Kräfte gefasst hat. Helfer müssten zudem sicherstellen, dass es von dritter Seite weder Druck noch Einflussnahme gibt. Bei Verstoß gegen diese Maßstäbe sollen bis zu drei Jahre Haft drohen.

Grundsätzlich straffrei bleiben sollen demnach Angehörige, die Suizidhelfer unterstützen. Brysch betonte zudem: „Gesetzlich festgeschriebene Aufklärungs- und Wartepflichten sind ungeeignet.“ Weder könnten Gewissensentscheidungen von Dritten überprüft noch starre Fristen vom Gesetzgeber sinnvoll festgelegt werden.

Konkret geht es um assistierte Sterbehilfe – dabei wird das tödliche Medikament nur zur Verfügung gestellt, der Patient nimmt es selbst ein. Aktive Sterbehilfe – also Tötung auf Verlangen, etwa durch eine Spritze – bleibt verboten. Nach dem Urteil hatte Bundes­ge­sund­­heitsminister Jens Spahn (CDU) Gespräche über mögliche Neuregelungen angekün­digt und Verbände zu Vorschlägen aufgerufen.

Erst gestern hatten Mediziner und Juristen einen ausformulierten, ver­fassungskonformen Gesetzesvorschlag zur Neuregelung des assistierten Suizids vorge­legt. Explizit Ärzte, ­ aber auch Angehörige ­ sollen danach unter bestimmten Voraus­setzun­gen Sterbewilligen Assistenz beim Suizid leisten dürfen. © dpa/aerzteblatt.de