Politik

Donnerstag, 5. Dezember 2019

/Tyler Olson, stock.adobe.com

Berlin – Nach heftiger Kritik an einem Gesetz zur Reform der Reha- und Intensivpflege, hat das Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter­ium (BMG) heute seine Reformpläne geändert. Dem­nach soll deutlicher formuliert werden, dass beispielsweise Intensivpflegepatienten, die am sozi­alen Leben teilhaben, auch weiterhin zu Hause betreut werden können, erklärte Bundes­gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) heute in Berlin.

Ein überarbeiteter Referentenentwurf sollte heute in die Abstimmung zwischen den Mi­nis­terien sowie zu den Verbänden geschickt werden. „Wir nehmen die Anregungen aus den Gesprächen mit Betroffenen auf und räumen Missverständnisse aus“, sagte Spahn.

Im Sommer hatten mehrere Betroffenenverbände die Gesetzesvorhaben von Spahn deut­lich kritisiert. So wurden beispielsweise rund 100.000 Stimmen auf der Petitionsplattform change.org gegen das Gesetz gesammelt, auch der Behindertenbeauftragte der Bundes­regierung sprach sich gegen die Regelungen aus.

In dem neuen Entwurf wolle das Ministerium nun klarstellen, dass es weiterhin möglich sein soll, dass Intensivpflegepatienten zu Hause betreut werden. Die Wahlmöglichkeit für den Patienten soll erhalten bleiben. „Die besonders aufwendige Intensivpflege in der ei­ge­nen Häuslichkeit bleibt weiterhin möglich. Darüber wird im Einzelfallentschieden“, er­klärte Spahn.

Beatmungspatienten sollen schneller entwöhnt werden

Die Kritik an dem vorherigen Entwurf hatte sich unter anderem auch an der Frage ent­zün­det, dass diese Wohnmöglichkeit nur noch eine Ausnahme sein sollte. Spahn betonte, dass für alle Patienten ein Bestandsschutz gelte. „Sie können, wenn sie wollen, in ihrem vertrauten Umfeld bleiben.“ 2018 gab es unter gesetzlich Versicherten 19.000 Menschen in der ambulanten und 3.400 in der stationären Intensivpflege. Die Gesamtausgaben be­trugen 1,9 Milliarden Euro.

Mit dem Gesetz will Spahn auch regeln, dass Beatmungspatienten schneller entwöhnt werden. Nach Aussagen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsme­dizin könnten etwa zwei Drittel der Patienten entwöhnt werden. Daher müsse es dafür neue Anreize geben: So soll es künftig eine zusätzliche Vergütung für die Entwöhnung geben, sowie Abschläge, wenn keine Beatmungsentwöhnung veranlasst wurde, hießt es in einem ersten Eckpunktepapier, das dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt.

Da oftmals der finanzielle Aspekt er Betreuung in einer Wohnform für Angehörige der Aus­schlaggebende Faktor sei, soll es ebenso neue Regelungen geben, wie die Versorgung für Intensivpatienten auch in stationären Einrichtungen bezahlbar bleiben kann. Laut dem Eckpunktepapier sollen Patienten und ihre Angehörige von den Eigenanteilen in den stationären Einrichtungen entlastet werden, Krankenkassen sollen die Eigenanteil der Pflegebedürftigen, zu denen auch Unterkunft und Verpflegung gehört, übernehmen.

Dabei gehe es um etwa 2.000 bis 3.000 Euro, hieß es. Bei der Betreuung zu Hause über­näh­men die Krankenkassen die Pflegekosten von bis zu 23.600 Euro im Monat vollstän­dig. Auch soll festgelegt werden, dass bei der Wahl des Versorgungsortes den „Wünschen der Versicherten angemessen Rechnung zu tragen“ ist, gerade bei Kindern und Jugendli­chen, heißt es. Damit ist der bisherige Reformplan, das die stationäre Versorgung Vorrang vor anderen Wohnformen habe, gestrichen.

Ebenso soll mit dem Gesetz klar gestellt werden, welcher Anspruch die Versicherten auf eine außerklinische Intensivpflege haben und welche Facharztgruppen dies verordnen dürfen. Eine entsprechende Richtlinie soll der Gemeinsame Bundes­aus­schuss erarbeiten.

Ebenso soll die Selbstverwaltung Rahmenempfehlungen erarbeiten, wie die Anforderun­gen an häusliche Betreuung aussehen soll. Hier gehe es besonders um die Pflege-Wohn­ge­meinschaften (Pflege-WGs), bei denen die Krankenkassen oftmals nicht wissen, wie viele Menschen in einer Wohneinheit gepflegt werden.

Laut den Reformplänen sollen dafür künftig Qualitätsanforderungen sowie Grundsätze der Vergütung und Vertragsstrafen geregelt werden. Auch sollen hier künftig Kontrollen durch den Medizinischen Dienst möglich sein.

Das Gesetz, dass heute in die Ressortabstimmung geht, soll Ende Januar oder Anfang Februar 2020 im Kabinett beschlossen werden und nach BMG-Zeitplanung bis zur Sommerpause vom Bundestag debattiert werden können. © bee/aerzteblatt.de