CORONA – Nutzung und Erstellung von Patientenverfügungen angesichts der aktuellen Covid19-Pandemie

Viele Bürgerinnen und Bürger fragen sich angesichts der aktuellen Corona-Pandemie, ob es sinnvoll ist, eine Patientenverfügung zu verfassen oder aber in die eigene, vielleicht schon vor längerer Zeit erstellte Patientenverfügung konkrete Bestimmungen für den Fall aufzunehmen, dass die medizinische Behandlung einer SARS-CoV-2 Virus-Erkrankung erforderlich werden sollte. Aus diesem Grunde möchten wir Ihnen die folgenden allgemeinen Informationen zu Patientenverfügungen geben:

Corona-Verordnungen in Berlin

https://www.berlin.de/corona/massnahmen/verordnung/

In der Hauptstadt gelten umfangreiche Ausgangsbeschränkungen. Ausnahmen sind etwa zum Einkauf vorgesehen, für den Weg zur Arbeit oder zum Sport an der frischen Luft – auch mit einer weiteren Person. Auffällig ist, dass die Worte Ausgangssperre oder Ausgangsbeschränkung in der Verordnung nicht vorkommen, womöglich auch weil Berliner historisch ein besonderes Verhältnis zu staatlichen Einschränkungen haben.

Öffentliche und nichtöffentliche Veranstaltungen sind in Berlin wie im ganzen Land verboten. Die vom Senat in einer Sondersitzung beschlossene Verordnung regelt zum Teil auch spezielle Fälle, etwa Beerdigungen. Für derlei Veranstaltungen und Zusammenkünfte im privaten oder familiären Bereich gilt demnach in Berlin eine Obergrenze von zehn Personen.

Der Regierende Bürgermeister, Michael Müller, sagte zu den Maßnahmen: „Es geht darum, die Kontakte nun noch weiter zu reduzieren.“ Nach der neuen Eindämmungsverordnung hätten sich die Menschen grundsätzlich zu Hause aufzuhalten. Ausnahmen gibt es in Berlin außer für den politischen Betrieb auch für Auslandsvertretungen, Gerichte und Behörden. Der SPD-Politiker hatte bereits früh weitreichende Beschränkungen des öffentlichen Lebens vorgeschlagen – und brachte bereits vor Wochen auch eine Einschränkung des Zugverkehrs ins Spiel. Müller sagte zuletzt dem Sender RBB aber auch: „Soziales Leben muss möglich sein, Kinder müssen mal an die frische Luft gehen.“

Arbeitsrecht und die Corona-Pandemie Nimm doch Urlaub!

www.lto.de/recht/job-karriere/j/arbeitsrecht-corona-virus-weigerung-urlaub-lohnfortzahlung-betreuung-kind/
Interview von 
Tanja Podolski

17.03.2020

LTO: Herr Professor Fuhlrott, Arbeitnehmer sind sich unsicher, ob sie zur Arbeit müssen bzw. unter welchen Voraussetzungen sie zuhause bleiben können. Wie ist die Rechtslage?

Prof. Dr. Fuhlrott: Zunächst einmal muss man immer zwei Fragen getrennt voneinander betrachten. Erstens: Darf ein Beschäftigter von der Arbeit fernbleiben? Und zweitens: Bekommt er trotz Fernbleibens weiter Geld?

Wenn ein Arbeitnehmer nämlich ohne Rücksprache mit dem Arbeitgeber nicht zur Arbeit kommt, ist das grundsätzlich eine Arbeitsverweigerung, die unter normalen Umständen zur fristlosen Kündigung berechtigt. Das gilt grundsätzlich auch, wenn der Arbeitnehmer aus bloßer Angst vor Infektion nicht zur Arbeit kommt.

Hat der Beschäftigte aber betreuungspflichtige Kinder im Alter von unter zwölf Jahren und besteht der Arbeitgeber gleichwohl darauf, dass der Mitarbeiter arbeitet, dann ist eine Arbeitsverweigerung nach § 275 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gerechtfertigt. Der Arbeitnehmer darf dann also fernbleiben und ist dafür entschuldigt. Natürlich muss er seine Verhinderung unverzüglich mitteilen.

Auch darf der Arbeitnehmer dabei das Arbeitgeberinteresse nicht ganz außer acht lassen. Das wird dann wichtig, wenn zum Beispiel die Möglichkeit besteht, die Arbeit wenigstens teilweise zu erledigen oder unter zwei berufstätigen Elternteilen aufzuteilen.

Zu beachten ist auch: Wenn dem Mitarbeiter die Arbeit nicht möglich ist, verliert er sofort den Anspruch auf die Gegenleistung des Arbeitgebers, also Zahlung eines Gehalts. Wer nicht arbeitet, bekommt auch kein Geld – das ist der Grundsatz.

Unabhängig von der Debatte um gerechtfertigte Arbeitsverweigerung bringen Juristen vermehrt den § 616 BGB ins Spiel. Was hat es damit auf sich?

In dem Paragraphen steht, dass der Arbeitnehmer weiter Geld bekommt, wenn er nur vorübergehend an der Erbringung der Arbeitsleistung gehindert ist. Tatsächlich ist die Geltung dieser Norm in vielen Arbeitsverträgen aber ausgeschlossen. Dann sind im Arbeitsvertrag Formulierungen enthalten wie „§ 616 BGB wird abgedungen“ oder „§ 616 BGB ist ausgeschlossen“.

Es muss also jeder einzelne in seinen Arbeitsvertrag schauen, ob die Regelung überhaupt für ihn gilt. Der Ausschluss gilt nach der Rechtsprechung und der herrschenden Meinung übrigens auch, wenn sie in sogenannten Formulararbeitsverträgen ausgeschlossen ist, also in einer Vielzahl von Arbeitsverträgen in einem Unternehmen.

Und selbst wenn sie nicht ausgeschlossen ist, streiten sich Arbeitsrechtler derzeit um die Dauer, für die das Gehalt nach § 616 BGB für „eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ weiter zu zahlen ist. Derzeit sieht alles danach aus, dass der Arbeitgeber den Lohn maximal eine Woche weiter zu zahlen hat, falls die Norm nicht abbedungen wurde. Andere Juristen halten auch nur eine Zeit von drei Tagen für angemessen.

Entscheidend dürfte es letztlich sein, wie lange es dauert, eine Kinderbetreuung zu organisieren.

Einige Arbeitgeber kommunizieren bereits, dass die Beschäftigten Urlaub nehmen oder sich krank melden sollen, wenn ihnen die Arbeit wegen der Kinderbetreuung nicht möglich ist. Müssen sie das dann ab dem Tag, an dem Schulen bzw. Kindergärten schließen?

Nein, Urlaub nehmen muss der Arbeitnehmer in diesem Fall nicht ab Tag eins. Und die Frage ist auch, was die Arbeitsvertragsparteien gewinnen, wenn sie auf diese Art miteinander kommunizieren. Natürlich ist es verständlich, dass der Arbeitgeber das wirtschaftliche Risiko nicht allein tragen möchte bzw. auch gar nicht kann. Doch jetzt gegenseitig harte Positionen auszuspielen, ist sicherlich nicht förderlich, um auch in sechs Monaten noch gut zusammenzuarbeiten.

Urlaub zu nehmen kann also eine Option sein nach den ersten Tagen der bezahlten quasi-Freistellung, wenn die Kinderbetreuung auch dann nicht gewährleistet werden kann. Beim regulären Urlaub zahlt der Arbeitgeber das Gehalt weiter.

Eine Krankmeldung ist dabei natürlich nur im Krankheitsfall möglich. Wer also nicht selbst krank ist oder kranke betreuungspflichtige Kinder hat, also „kinderkrank“ ist, für den ist das keine rechtlich zulässige Option.

Kann der Arbeitgeber seine Beschäftigen denn verpflichten, Urlaub zu nehmen, wenn er schlicht keine Arbeit mehr für sie hat?

Nach der ständigen Rechtsprechung trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko, also das Risiko, die Arbeitnehmer aus betriebstechnischen Gründen beschäftigen zu können. Wenn er also keine Arbeit für die Mitarbeiter hat, muss er sie gleichwohl weiter bezahlen.

Die große Ausnahme ist, wenn es für das Unternehmen existenzbedrohend wird. Dann kann der Arbeitgeber von der Pflicht zur Lohnzahlung befreit sein. Auch hier ist eine einverständliche Urlaubsnahme aber eine gute Option. Schließlich ist  eine solche Entscheidung ist auch im Sinne des Arbeitnehmers, denn eine längere Betriebsschließung bedeutet ja am Ende vielleicht sogar die Kündigung.

Viele Unternehmen führen bereits Arbeitszeitkonten für ihre Mitarbeiter. Wie einfach ist es – je nach Branche – die Anzahl der Über- bzw. Minusstunden auszuweiten, um flexibel auf die Corona-Pandemie reagieren zu können?

Wie üblich kommt es darauf an: Wenn es einen Betriebsrat gibt, ist die Änderung der Regelung für das Arbeitszeitkonto mitbestimmungspflichtig. Die entsprechende Betriebsvereinbarung müsste also ggf. zusammen mit dem Betriebsrat angepasst werden.

Gibt es keinen Betriebsrat, so ist der Arbeitsvertrag entscheidend. Dort wird regelmäßig eine Wochen- oder Monatsarbeitszeit vereinbart sein. Eine Änderung ist dann über eine Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer möglich.

Allerdings sollten sich die Vertragsparteien fairer Weise auch darüber einigen, was im Fall von Kündigungen oder langfristigen Erkrankungen mit den unter- oder übergearbeiteten Stunden passiert – die Risiken sollten nicht nur von einer Seite getragen werden.

Der Arbeitgeber muss zudem schauen, dass die Arbeitszeitkonten in seinem Unternehmen insolvenzsicher sind. Zu Unternehmensinsolvenzen ist derzeit nämlich einiges im Fluss.

Könnten die Arbeitsvertragsparteien auf die Arbeit am Wochenende ausweichen, etwa weil es dann mit der Kinderbetreuung einfach wäre?

Die Arbeit am Sonntag bedeutet eine Abweichung vom Arbeitszeitgesetz (ArbZG), ebenso wie eine nicht nur kurzzeitige Abweichung von der wöchentlichen Höchstarbeitszeit.

Um das ArbZG außer Acht lassen zu dürfen, braucht es eines außergewöhnlichen Falles, § 14 Abs. 1 ArbZG. Ob ein solcher vorliegt, wird bisher ausschließlich aus Sicht des Unternehmens beurteilt, etwa bei Ausfall einer wichtigen Maschine oder wenn ein Hersteller von Desinfektionsmitteln eine  Dauerproduktion rund um die Uhr einrichten muss. Das könnte in nächster Zeit etwa auch die Lebensmittelläden betreffen, wenn es zum Beispiel um Aufräumarbeiten im Lager geht, die in der Woche mangels ausreichend anwesender Arbeitnehmer nicht mehr gestemmt werden können.

In so einem Fall kann der Arbeitgeber bei der Behörde auch beantragen, eine Ausnahme vom ArbZG zu erhalten. Die Behörde entscheidet bisher im Einzelfall. Es wäre also durchaus hilfreich, wenn die Landesbehörden – das ist je nach Bundesland das Amt für Arbeitsschutz, Gewerbeaufsichtsämter, die Behörde für Arbeitssicherheit etc. – Richtlinien erstellen würden, wie das Ermessen in diesen Fällen auszuüben ist. Derartige allgemeine Verwaltungsanweisungen haben bereits viele der Bundesländer, sie sind aber natürlich noch nicht auf die derzeitige Situation angepasst.

Lange Rede kurzer Sinn: Geregelte Kinderbetreuung spielt als Ausnahme vom ArbZG bisher keine Rolle – es geht nur um die Perspektive des Arbeitgebers.

Wenn Beschäftigte bereits einen Urlaub geplant haben und dieser stattfinden kann, gleichzeitig aufgrund von Quarantäneregeln des Arbeitgebers aber feststeht, dass der Mitarbeiter nach seiner Rückkehr in Quarantäne müsste – wie ist das zu beurteilen?

Ein Arbeitnehmer kann auch nicht bei fünf Grad Außentemperatur nackt um die Alster laufen und erwarten, dass er Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bekommt. Der Arbeitnehmer hat eine Schutzpflicht sich selbst gegenüber. § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz spricht ausdrücklich davon, dass die Ursache der Arbeitsunfähigkeit „ohne Verschulden“ des Arbeitnehmers eingetreten sein muss.

Je nach Reiseland nimmt der Arbeitnehmer also ein mehr als gewöhnliches Risiko in Kauf, denkt sich womöglich: Ich bin jung, der Urlaub ist gebucht, ich fahre. Dann ist die Gefahr zu erkranken derzeit je nach Zielland höher als ein allgemeines Lebensrisiko. Wenn der Beschäftigte aber in Kauf nimmt, zu erkranken und jedermann eingängliche Warnungen über Risikogebiete in den Wind schlägt, wird es schwierig, dem Arbeitgeber die Lohnfortzahlung aufzubürden.

Wenn der Arbeitgeber in einem solchen Fall also die Zahlung verweigert, werden die Parteien das wohl irgendwann gerichtlich klären, denn da kann man sich trefflich streiten. So ist es oft im Arbeitsrecht: Für die 99 Prozent aller Arbeitnehmer, die vernünftig sind, brauchen wir keine arbeitsrechtlichen Regelungen.

Bei vielen Entscheidungen sind die Betriebsräte gefragt. Müssen die sich eigentlich persönlich treffen, um Beschlüsse fassen zu können?

In normalen Zeiten treffen sich Betriebsräte wöchentlich. Diese Sitzungen erfolgen als persönliche treffen, für die Fassung von Beschlüssen ist dies vorgeschrieben. So sieht es zumindest die vorherrschende Auffassung und leitet das aus § 33 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und aus dem Umkehrschluss des § 41a Abs. 2  Europäische Betriebsrätegesetz (EBRG) ab, wonach digitale Betriebsversammlungen nur in der Seeschifffahrt explizit erlaubt sind.

Das ist – auch unabhängig von Corona – nicht mehr zeitgemäß. Viele Unternehmen haben große Betriebsräte, die derzeit viele mitbestimmungspflichtige Maßnahmen zu beschließen haben wie Kurzarbeit oder Homeoffice.

Der Gesetzgeber hat bei den neuen Regelungen zur Kurzarbeit gezeigt, dass er sehr schnell handeln kann. Er ist jetzt also dringend gefragt, den Betriebsräten auch Beschlüsse nach Videokonferenzen zu ermöglichen. Es geht ja in der Schifffahrt auch.

Diesem Problem vorgelagert ist die von Ihnen schon angesprochene Kurzarbeit, die der Gesetzgeber aufgrund der Corona-Pandemie am Wochenende verabschiedet hat. Kann der Arbeitgeber diese einseitig anordnen? Und wer trägt den Lohnausfall?

Eine einseitige Anordnung ist nicht möglich. Wenn es einen Betriebsrat gibt, kann dieser eine Vereinbarung zur Kurzarbeit mit dem Arbeitgeber abschließen. Diese gilt dann auch für Arbeitnehmer, die das eigentlich nicht wollen. Gibt es keinen Betriebsrat, braucht der Arbeitgeber die Zustimmung eines jeden Mitarbeiters, sofern er sich nicht im Arbeitsvertrag die Einführung von Kurzarbeit vorbehalten hat. Stimmen die Mitarbeiter nicht zu, ist eine umständliche Änderungskündigung notwendig. Die gerade verabschiedeten Regelungen zur Kurzarbeit ändern hieran nichts. Allerdings kann hiernach schon dann Kurzarbeit eingeführt werden, wenn zehn Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Bisher galt die Regel ab einem Drittel der Beschäftigten.

In diesem Fall trägt die Bundesagentur für Arbeit 60 Prozent des Nettolohns bzw. 67 Prozent bei Beschäftigten mit Kindern. Das ist also eine typische Situation des gemeinsamen Risikos: Der Arbeitgeber muss sich weiter um seinen Betrieb sorgen und hat Umsatzeinbrüche, die Mitarbeiter bekommen weniger Geld, sind aber hoffentlich was ihre Grundbedürfnisse angeht versorgt.

Der Interviewpartner Prof. Dr. Michael Fuhlrott ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei FHM Rechtsanwälte sowie Professor für Arbeitsrecht an der Hochschule Fresenius in Hamburg.